Private Homepage von Georg Porst (befindet sich zur Zeit noch im Aufbau)

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Danksagung:
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen recht herzlich bedanken, die mich bei der Erstellung dieser Website, sei es durch Text- oder Bildbeiträge unterstützt haben:
Anton Stark, Christian Hans, Hans Blossey, Helmut Schmidt, Julian Porst, Markus Bittscheidt, Olaf Scholz, Rudi Trösken, Walter Dueckino, Werner Lipphaus,
noch in Arbeit....
Die Presse über diese Homepage:
Georg Porst lädt in die Welt unter Tage – „Abenteuer Bergbau“ im Internet
Der Bergbau ist dieser Tage in aller Munde. Und nicht nur das. Surfer im Internet können jetzt am heimischen PC alles über Bergbau lernen, eine Grubenfahrt unternehmen und einen Eindruck von den Lichterketten gewinnen. Dafür sorgte der 38jährige Oer-Erkenschwicker Georg Porst.
Die Homepage „Abenteuer Bergbau“ ist seine Art, gegen Zechenschließungen zu protestieren. Drei Monate brauchte Porst, bis seine Seite stand. Porst, der selber als Markscheider für Blumenthal/Haard arbeitet, kennt sich aus. Früher war er unter Tage beschäftigt, jetzt sitzt er in der Markscheiderei über Tage am Computer.
Seine Seite entwickelte er zu Hause in der Freizeit, weil viele nicht wüßten, wie es unter Tage aussieht. Jetzt können sich Bergbau-Muffel eingehend informieren, wo die Kohle herkommt. Wie sie abgebaut wird, was ein Streb, was eine Walze ist oder eine Einschienhängebahn, es wird alles erklärt. Dann gibt es noch viele interessante Unterthemen. Wer möchte, kann im Lexikon mit bergmännischen Begriffen „nachblättern“, sich Argumente für den Bergbau liefern lassen oder lieber in Kohle-Lyrik schwelgen. Nicht zu vergessen die Verknüpfungen zu anderen Internet-Seiten – zum Beispiel über die RAG.
Wer die vielen Informationen verarbeitet hat, darf sich getrost in dunkle Tiefen wagen. Eine Grubenfahrt am Haardschacht mit Ehefrau im Dezember nutzte Porst, um einen Eindruck der Arbeit vor Ort zu vermitteln. Foto für Foto geht es weiter nach unten. Wird ein erster Blick in ein Streb geworfen, das Flöz von Zollverein 2/3 besucht. „ln dem man noch gut stehen kann“, wie Porst erklärt. Sieht der interessierte Beobachter tief unter der Erde einer Walze zu, die bei einer Streblänge von 250 Kilometern Kohle für eine Million DM pro Tag aus der Erde beißt. „Es war ein Abenteuer“, sagt Ehefrau Kirstin Porst von ihrer ersten Grubenfahrt.
Was Porst noch fehlte, waren Fotos von der Lichterkette vor Ort. Weil er ausgerechnet an dem Tag krank war konnte er nicht selbst fotografieren. Die WAZ-Redaktion half mit Bildern aus. Wer noch weitere beisteuern möchte, auch von der Lichterkette gestern, darf sich gerne an Porst, Kiesenfeldweg 29, wenden. Wer sich seine Seite ansehen möchte, findet sie im Internet unter: http://www.abenteuer-bergbau.de
WAZ 15.02.1997
Bergbau-Homepage wird viel beachtet / Lexikon und auch ein Gästebuch
OER-ERKENSCHWICK. Die Stadt Oer-Erkenschwick hat als Bergbaustandort eine rund 100 Jahre alte Tradition. Kein Wunder, daß sich diese Tatsache nun auch im weltweiten Datennetz widerspiegelt. Wer im Internet nach Informationen über den deutschen Bergbau sucht, der stellt schnell fest, daß Oer-Erkenschwick eine Top-Adresse auf der Daten-Autobahn ist. Denn der Internet-Surfer stößt schnell auf die Homepage des Oer-Erkenschwickers Georg Porst.
Nach dem Eintippen der Adresse „http://www.abenteuer-bergbau.de“ wird der Besucher zunächst mit einem zünftigen „Glück-Auf “ begrüßt. Von der Eröffnungsseite aus kann man eine bebilderte Grubenfahrt unternehmen, vom Betreten des Förderkorbs bis in den Streb. Unter Thema Kohle findet der Besucher Informationen über die Entstehung des schwarzen Energieträgers, Argumente für die deutsche Kohle und Abbildungen von Mineralien und Fossilien. Ein Bergbau-Lexikon erklärt die wichtigsten Begriffe der Bergmannssprache. Informationen über zurückliegende Protestaktionen und die Menschenkette durchs Revier finden sich in einer weiteren Rubrik. Klickt man auf Kunst im Revier, so kann man etwas über lokale Künstler erfahren und Gedichte über den Bergbau lesen. Es gibt auch Verbindungen, sogenannte Links, zu anderen Bergbauseiten. Man muß sie nur anklicken, um auf weiteren Homepages zum Thema Bergbau zu landen.
Man kann auch im Gästebuch lesen oder sich darin eintragen. Die Einträge sind des Lobes voll. „Hasse doll jemacht“, schreibt beispielsweise ein Besucher, ein anderer bekennt sich spontan zur deutschen Steinkohle. Die zahlreichen Komplimente im Gästebuch rühren sicher auch daher, daß jeder Besucher seiner Seiten spürt, daß hier ein „Überzeugungstäter“ am Werk ist.
Ein Zähler registriert penibel jeden Internet-Surfer, der die Seite von Porst auf seinen Bildschirm holt. Seit er vor etwa einem knappen Jahr ans Netz ging, haben mehr als 4400 Gäste seine Seiten besucht, darunter auch Nutzer aus dem Ausland.
Nachdem das Internet-Angebot von Porst vor wenigen Wochen auf der vielbesuchten Seite „www.webtip.de“ ausführlich besprochen und gelobt wurde – hier werden nur die top fünf Prozent der deutschsprachigen Seiten vorgestellt – sind die Besucherzahlen in die Höhe geschnellt. Selbst manche Profi-Agentur, die viel Geld für Homepage-Design kassiert, kann sich von den Seiten des Amateurs Porst noch eine Scheibe abschneiden. Der Internet-Surfer aus der Stimbergstadt hat alles selbstgemacht.
Die Texte hat er an seinem PC eingetippt, die Bilder über einen Scanner in den Computer eingelesen. Er hat jede der kleinen Grafiken zusammengebastelt und schließlich in der Internet-Programmiersprache HTML (Hypertext Markup Language) die Seiten programmiert. Die fertigen Seiten hat er – ebenfalls per Internet – auf dem Server seines Dortmunder Providers „Media Online“ deponiert, von wo aus sie von allen Internet-Besuchern abgerufen werden können. Provider sind Unternehmen, die Zugänge zum Internet und andere Internet-Dienstleistungen anbieten.
Das nennt man auch Webhosting, und das ist wohl das einzige an dieser Website, das Porst nicht selbst übernommen, sondern aus der Hand gegeben hat. Sich auch noch einen großen Computer hinzustellen, der als Server fungieren könnte, ist einfach mit Kosten verbunden, die das Projekt „Abenteuer Bergbau“ gesprengt hätten. Normalerweise ist auch das Hosting bei einem Provider schon ein Kostenfaktor.
Der Provider war so freundlich, Georg Porst zu einem günstigen Preis Speicherplatz auf seiner Festplatte zur Verfügung zu stellen, weil ihm der Bergbau sympathisch ist. Dennoch läppert sich im Monat einiges an Ausgaben zusammen. Bisher finanziert er die privat Reklame für den Bergbau ganz aus eigener Tasche. „Das ist mein Hobby. So wie andere Leute kegeln, bastel ich an meinen Homepages“. Dennoch: Durch ein Inserat auf seiner Seite – vielleicht von einem Bergbauzulieferer – könnte er sein Privatbudget entlasten. Und das Unternehmen wäre für wenig Geld weltweit im Internet präsent.
Obwohl Georg Porst sich seine profunden Internet-Kenntnisse und -Fertigkeiten selbst angeeignet hat, ist er beruflich nicht ganz unvorbelastet. Nach seiner Ausbildung zum Bergvermessungstechniker auf dem Bergwerk Ewald-Fortsetzung fing er 1978 in der Markscheiderei an. Dort kam er in den 80er Jahren mit Computern in Berührung und war davon gleich fasziniert. Zehn Jahre später war die Datenfernübertragung mit Mailboxen sein großes Hobby. Vom PC aus unterhielt er sich per Tastatur über Telefonleitungen mit Gleichgesinnten. Dann, etwa ab 1994, begann das Internet zu boomen.
Ehefrau Kirstin bringt viel Verständnis für das Hobby ihres Mannes auf. Zumal er auch immer wieder computerfreie Tage einlegt. Aber die beiden Kinder, Julian (7) und Deborah (9), haben gleich neben Vaters Computer ihren eigenen PC. Wenn sie einmal herangewachsen sind, dann werden sie kaum verstehen, daß es früher Menschen gab, die sich nicht im Internet aus kannten.
Kumpel zeigt’s der WeIt per Internet: So ist der Bergbau
Per Mausklick in die Zeche
Oer-Erkenschwick – Fritz aus Berlin war begeistert von den ausführlichen Bergbau-lnfos. Dirk aus Hattingen gab seinem Kind zu Hause einen Einblick in den Kohleabbau. Bernd aus dem Saarland schrieb: „Ich freue mich, daß jemand den Mut hat, eine sterbende Industrie im Medium der Zukunft zu installieren.“
Per Mausklick in die Grube -Kumpel Georg Porst (39) macht’s möglich. Fotos am Schacht, im Korb, vor Kohle: Der Erkenschwicker speicherte alles ins weltweite Internet (www.abenteuer-bergbau.de).
Porst: „Alle Welt fragte letztes Jahr, als die Kumpel um ihre Zukunft kämpften: „Was macht ihr denn so auf der Zeche? Wie sieht es untertage aus? Das möchte ich zeigen.“ Dazu gibt’s aktuelle Infos, Argumente „pro Kohle“. Bis hin zur Story über Grubenpferd Tobias, das nicht „pfundweise“ nach oben sollte. Porst möchte die Welt per Internet überzeugen: „Unser Bergbau ist auf dem absteigenden Ast – okay. Aber es ist notwendig, daß er überlebt.“
Dafür zahlt er gerne 49 Mark Monatsgebühr für seine Seiten – und investiert viele Nachtstunden am Computer.
Im Internet sind Kumpels an der richtigen Adresse
Und wer im weltumspannenden Daten netz nach Informationen über den Bergbau sucht, der stößt schnell auf die Homepage von Porst. „Abenteuer Bergbau“ ist der vielversprechende Titel seines Internet-Auftritts.
Wer in seinen Browser – so nennt man die Programme zum Lesen von Internetseiten – „http://www.abenteuer-bergbau.de“ eintippt, wird zunächst mit einem zünftigen „Glück auf“ begrüßt. Dann kann es losgehen. Man kann eine bebilderte Grubenfahrt unternehmen, sich über die Entstehung der Kohle und über Argumente für den deutschen Steinkohlenbergbau informieren. In weiteren Rubriken finden sich Beiträge über Mineralien, Gedichte und noch manch anderes. Wer den Button „News“ anblickt, kann aktuelle Presseberichte nachlesen. Im Gästebuch haben sich schon viele Besucher eintragen. „Hasse doll jemacht“, ist eine von vielen lobenden äußerungen darin.
Tagsüber bei der Ruhrkohle Bergbau AG im Bereich Geoinformatik beschäftigt, bastelt er am Abend und an den Wochenenden an seinen Internetseiten. Er tippt Texte in seinen PC, digitalisiert Bilder, bastelt bunte Grafiken zusammen und programmiert in der Internetsprache HTML. Das kleine Zimmer ist vollgestopft mit PC-Hardware, CD-ROMs und Fachliteratur. Gleich neben seinem PC steht der Computer für die Kinder Julian (7) und Deborah (9). Ab und zu kommt Ehefrau Kirstin herein und schaut ihrem Mann über die Schulter. Sein Hobby findet sie voll okay.
Seit etwa einem Jahr macht Porst nun auf eigene Faust Sympathiewerbung für die Bergleute und das Revier. Seitdem wurden seine Seiten von Internet-Benutzern an die 8000mal besucht, Tendenz steigend. Die Kosten dafür, daß seine Seiten im Internet bereitgestellt werden, zahlt er aus eigener Tasche, aber gegen einen Sponsor, der zu einem günstigen Preis eine Anzeige auf seiner Internet-Seite bekäme, hätte er nichts einzuwenden.
Oer-Erkenschwick ist eine Stadt mit hundertjähriger Bergbautradition. Dank Porst ist sie auch im Internet eine Topadresse, wenn es ums Thema Bergbau geht.
Kurier zum Sonntag, 7.2.98
Glück off im Steinkohlebergbau
Aus der FTD vom 11.11.2003 www.ftd.de/agenda
Agenda: Glück off im Steinkohlebergbau
Von Lorenz Wagner, Marl
Die Deutsche Steinkohle AG feiert den Steinkohletag. 400 Jahre will sie noch fördern. Ein Albtraum für Ökonomen. Inzwischen wehren sich auch die Menschen im Pott – die Kumpel verlieren ihre Heimat.
Ein Wachhund bellt. Muss ein großer Hund sein. Georg Porst lächelt. Er drückt das Eisentor auf und schlüpft hinein. „Hier steht meine Zeche – Ewald Fortsetzung“, sagt er mit Pomp in der Stimme. Vor ihm liegen: Kies, Unkraut, ein Bagger, das Schild „Abbrucharbeiten“ und Hunderte Meter Leere. Weit hinten rostet ein Förderrad vor sich hin.
Sonst ist alles weg: Gasometer, Stickstoffwerk, Kokerei, Schienen. „Für mich existiert die Zeche noch“, sagt Porst. Schweigen. Eine Minute steht er da, kaut auf der Unterlippe. Er hat einen kleinen Mund, der passt nicht zum Gesicht, zur Nase, zum Kinn. Ein Kindermund in einem Männergesicht.
„Dort stand Schacht 1“, sagt Porst und zeigt ins Nichts. „Er war das Wahrzeichen Erkenschwicks. Er war unsere Freiheitsstatue.“ 44 Jahre ist Porst alt, 22 Jahre arbeitete er auf Ewald Fortsetzung. Nun kommt er eben nach der Arbeit her. Oder wenn er frei hat. Er hat viel frei: 35 Tage Urlaub, 21 freie Tage, als Ausgleich, weil sie die Löhne nicht mehr erhöhen. Dann kommen „noch die Malaisen“ dazu, das Kreuz! Diabetes! „Ich habe erst 84 Tage in diesem Jahr gearbeitet.“ Aber er hat Hunderte Fotos geschossen. In 3D, „denn Bergbau ist ja was besonderes“. Er hat auch geknipst, als Schacht 1 gesprengt wurde. „Keiner hat sich drüber aufgeregt“, sagt er. „Die Menschen haben die Kohle aus den Köpfen gestrichen. Es wird ganz schwer, sie da wieder hineinzubringen.“ Genau das versucht die Deutsche Steinkohle AG, die DSK.
Am Dienstag feiert sie den Steinkohletag, das Motto: „Die Zukunft liegt unter uns.“ Erstmals seit 30 Jahren führt die DSK eine Werbeschlacht. 2Mio. Euro kostet die Kampagne, die DSK will noch 400 Jahre deutsche Steinkohle fördern. Ein Plakat zeigt zwei Männer auf einem Motorrad,ein er schießt mit einer Panzerfaust, daneben steht: „Wird hier gerade über unsere Energieversorgung entschieden? “
„Rettet die Kohle, baut sie nicht ab“
Ginge es nach Ökonomen, bliebe die Kohle die nächsten 400 Jahre im Boden, und noch länger, am besten so lange, bis sie zu Diamant geworden ist. „Rettet die Kohle, baut sie nicht ab“, fordert Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts. 3,3 Mrd. Euro Subventionen zahlt der Staat in diesem Jahr, 78.000 Euro für jeden Bergmann. Das ärgert sogar die Leute im Pott. „Die Stimmung ist völlig gekippt“, sagt Georg Porst. Leute, die früher für uns waren, stehen jetzt auf dem Marktplatz und sammeln Unterschriften gegen den Bergbau. Sie sollten einfach mal einfahren.“
Zeche Auguste Victoria, 1020 Meter unter Marl. Es ist kinodunkel. Schweiß rinnt. Dabei tun die Kumpel gar nichts. Die Walze steht still. Zehn Stunden am Tag läuft sie, 14 Stunden schweigt sie. Wird gewartet, oder im Flöz klemmt was. Am Dienstag streikt die Förderrakete. Nach einigen Minuten lebt die Walze wieder auf, zischt, faucht, wird zum Tier, halb Igel, halb Drache. Das Tier haut die Stacheln in die Wand, reißt der Beute das Fleisch heraus und speit es neben sich. Es knirscht und splittert, Staub in Ohren und Nasenlöchern. „Die Hitze, der Lärm, da hat man Freude dran“, sagt der Steiger Friedel, ein kleiner Mann mit viel Bauch und Brusthaar.
Eine Staubmaske braucht er nicht, er schnupft Tabak, Geschmack Menthol-Brombeere. „Das filtert.“ 46 Jahre ist er alt, seit 32 Jahren im Pütt. „Glück auf!“-rufend marschiert er durch Auguste Victoria. Besuch in der vergessenen Welt
Es ist eine versunkene Welt da unten, Schächte und Strecken laufen kreuz und quer, überall sind Rohre, es tropft und zieht, Förderbänder rattern, bedient von schwarzen Bergwesen mit Lampen auf dem Helm, man kann sie sich gar nicht bei Tag vorstellen, mit gewaschenen Ohren und weißem Kragen.
„Hier gehören wir hin“, sagt einer. Er beginnt Geschichten zu erzählen, „Klamotten! Die müsste man mal aufschreiben.“ Viele Mäuse leben in den Schächten. „Die haben wir platt gekloppt und den Kumpels aufs Butterbrot getan.“ Haha. „Und manchmal sind wir mittags schwarz ausgefahren und ab in die Kantine, bis zum nächsten Morgen, und dann wieder schwarz eingefahren.“ – „Aber die Arbeit ist gemacht worden. Wer saufen kann, kann auch arbeiten.“ „Wir sind eine Großfamilie“, sagt Georg Porst. „Hier waren auch Leute, die hätten woanders nie einen Job gekriegt. Die waren hier, sagen wir mal: untergebracht.“ Wer nicht konnte, aber wollte, der durfte eben den ganzen Tag die Werkstatt kehren. Das ist vorbei. Die Familie zerbricht. 600.000 Kumpel waren es in den 60er Jahren, 84.000 vor sechs Jahren, jetzt sind es 42.000. Zeche nach Zeche macht zu. „Wenn eine Zeche schließt, das ist, wie wenn du aus deiner Wohnung geschmissen wirst.“ Noch halten sie zusammen: die Tradition, die Gefahr. Obwohl so richtig gefährlich ist das alles nicht mehr. Manchmal knickt mal einer um, auf dem Weg nach oben. Fast vier Kilometer sind es in Auguste Victoria. „Von sieben Stunden Schicht arbeiten wir vier. Drei Stunden sind wir unterwegs oder ziehen uns um“, sagt ein Kumpel. Auch deshalb kostet es 140 Euro, Auguste Victoria eine Tonne Kohle zu entreißen. Der Weltmarktpreis liegt bei 45 Euro.
Die Kumpels vermissen den Respekt. Und das passt vielen Leuten nicht mehr.
„Alles in der Bevölkerung springt auf einmal auf dieses Geschimpfe an“, klagt Friedel. Die Menschen sind nicht mehr bereit, die Bergleute als Schoßkinder zu sehen, sie zu hätscheln und zu ehren, weil sie das Land wieder hochgebracht haben. Vor sechs Jahren, als die Kumpel noch um ihre Zechen kämpften, sprangen ihnen Hunderttausende zur Seite, mit Fackeln und Wurstsuppe. Am Dienstag ist da Gleichgültigkeit, Kälte, Neid, Wut. In einer Umfrage der Zeitung WAZ waren drei Viertel der Leser gegen den Bergbau. „Die Stimmung ist gedrückt“, sagt Friedel leise. „Wer weiß, was wird?“ Schweigen. Na ja, bald geht er in Rente, vielleicht mit 48 Jahren. In dem Alter gehen viele. Da werden Nachbarn und Bekannte ganz gelb vor Neid. „Oben werden wir angemacht: ,Was? So früh!‘“, erzählt Friedel. Feuer kommt in seine Stimme: „Ich sage den Leuten immer: ,Mensch, fahrt doch mal ein! Guckt es euch an! Wir sind nicht die Schmarotzer der Nation. Die Jahre hier hinterlassen Spuren.‘“
Und sie verändert die Landschaft. Der Ruhrpott ist durchlöchert wie eine Maulwurfswiese. Und Rainer Lenau würde am liebsten alle Bergleute sofort in Rente schicken. Er sitzt im Auto, rund 50 Kilometer von Marl entfernt, in Walsum, einem Ort vor Duisburg. Lenau ist ein Muster an Großvaterbart und Altersmilde. Aber spricht er über die Gruben, wird sein Blick fest, die Stimme scharf: „Es reicht!“, ruft er. „Unser Frust ist riesengroß.“ Das Auto rollt am Rhein entlang, vorbei an Dörfchen und Deichen, Kopfweiden und Steinkäuzen, und Lenau erklärt im Ton eines Fremdenführers, was die Zeche Walsum so anstellt: „Da werden wieder drei Häuser abgerissen“- „Dort stehen sieben Pumpen im Keller“ – „Hier rammen sie stützende Spundwände in den Deich.“
Sieben Meter in dreißig Jahren Zwischenstopp im „Haus Stapp“, bei Dinslaken. Der Wirt kramt eine Postkarte hervor: seine Terrasse in den 70er Jahren. Die Gäste gucken auf den Rhein. Heute sehen sie nur noch den Deich, 28 Treppenstufen hoch. „Wir sind sieben Meter abgesackt“, klagt der Wirt. „Es wird keinen Konsens mehr geben!“, verspricht Lenau. Er hat eine Bürgerinitiative gegründet. Tausende Menschen aus Duisburg, Dinslaken und Voerde folgen ihm, haben 13.500 Einwendungen und 9100 Anträge eingereicht. „Es laufen sieben Klagen, auch der Stadt Dinslagen und des Landkreises Wesel.“ Es brodelt. „Erstmals wehren sich die Leute, die hier aufgewachsen sind, gegen die Kohle“, sagt Horst Vöge, SPD-Chef des Kreises Wesel. „Viele Leute sind aus dem Pott hergezogen, um Natur zu haben. Die wollen mit Bergbau nichts mehr zu tun haben.“ Auch die Lokalzeitungen seien gegen Bergbau „Die verlieren lieber die Abos der Kumpel. Die sind in der Minderheit.“ Lange hatten die Geschädigten den Mund gehalten. „Die haben uns still gekauft“, sagt einer. „Die geben dir einen Wert, also, vom Verkehrswert hätte ich das nicht gekriegt.“ Allein für sein Grundstück boten sie ihm 200.000 Euro. Es liegt neben einem offenen Kuhstall mit 90 Kühen und 134.746 Schmeißfliegen. „Da fragt man sich doch:`Sind die bescheuert?‘“ Die fetten Jahre sind vorbei Aber die fetten Jahre sind vorbei. Die DSK fange an rumzuzicken, klagt ein Dorfbewohner. Fordere Gutachten, zöge eher vor Gericht. Und die Leute schlagen zurück, trauen sich, was die Saarländer schon lange tun: Sie rebellieren! An der Saar geht es schon hart zu: In einem kleinen,
grubengeschundenen Dorf verkaufe der Bäcker keine Brötchen mehr an Frauen von Bergleuten, erzählt ein Grubler. Oft blockieren Demonstranten die Zufahrtsstraßen. „Der Chef hat uns gesagt, wir sollen dann wieder nach Hause fahren. Nur keinen Streit riskieren!“ Die Kumpel sind vorsichtig geworden. „In manchen Orten verrät man besser nicht, dass man auf der Grube arbeitet.“ Das verschweigt man besser auch in Götterswickerhamm am Niederrhein.
Bald will die DSK auch unter dem Dorf fördern. „Wissen Sie, wie das ist, wenn unten die Schächte einbrechen?“, fragt ein Einwohner. „Das ist ein Überschallknall, da wackeln die Mauern.“ Vor allem fürchtet er, der Deich könne bersten. In der Hauptstraße hängt ein Schlauchboot und das Schild Bootsverleih. Die Luft ist aus dem Boot. „Da haben Bergleute mit dem Messer reingestochen“, sagt Lenau. Fakten statt Romantik Auch in Erkenschwick geht es nicht mehr friedlich zu. „Die mit ihren Unterschriften. Ich könnte die umhauen“, sagt Georg Porst. Er fährt im Auto durch die Stadt. „Aber das bringt nichts. Man muss den Hausbesitzern mit energiepolitischen Zahlen kommen.“ Porst redet los, er quillt schier über, seine Worte brechen mit der Tradition, sprechen nicht von Maloche und Verdiensten; nein, Georg Porst, der Romantiker, der auf seiner Homepage www.abenteuer-bergbau.de in Grubenlyrik fordert, „dass Treue man wieder mit Treue bedenkt – nicht vergisst, was der Schoß der Erde uns schenkt „, dieser Mann greift nun nach „knallharten Fakten“. Er rechnet vor: Subventionen – (Steuern + Sozialabgaben), geteilt durch alle Bürger, das macht pro Nase 20 Euro im Jahr, also 1,60 Euro im Monat! Porst legt Ernst in seine Stimme: „1,60 Euro für Energiesicherheit. Dazu ist ja wohl jeder bereit.“ Die Fahrt geht vorbei an grauen, kastigen Häusern, alle gleich, man könnte sie stapeln, Wohnzimmer über Wohnzimmer, Küche über Küche, Fußmatte über Fußmatte. „Früher wurde hier gefeiert, waren immer Kloppereien.“ Und der alte Erich hat mit der Sense gemäht. Porst zeigt auf weiße Tupfer. Neubauten! „Unser Revier ist verschwunden.“
Die Kumpel haben sich gewehrt. „Die haben die Neuen geärgert, Rabatz gemacht, Zäune umgekippt.“ Der Streit schwelt. Eines aber haben dieGegner gemeinsam: Keiner heizt auf Kohle. Auch Porst hat eine Gasheizung. „Wurde vom Staat gefördert. Und ist bequem.“ Pause. Er guckt weg. „Die Zeit mit den Kohleöfen, das ist doch jetzt vorbei.“
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